Medizinprodukterecht: Countdown für die Hersteller

29.11.2019

Am 26. Mai läuft die Übergangsfrist der EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) ab. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem das deutsche Medizinprodukterecht an die neuen Vorgaben angepasst werden soll. Wie ist die aktuelle Lage, acht Monate vor dem Tag X, aus Sicht der Hersteller von Software-Medizinprodukten zu bewerten?

Eines gleich zu Beginn: Das Grundproblem, das vielen Medizinprodukteherstellern Kopfzerbrechen bereitet, vermag das geplante Gesetz nicht zu lösen. Denn die mit dem Ende der Übergangsfrist anstehenden großen Veränderungen hinsichtlich Zulassung, Zertifizierung und Klassifizierung ihrer Produkte sind unausweichlich. Besonders betroffen sind davon Softwareanbieter: Viele ihrer Produkte werden künftig einer höheren Risikoklasse (mindestens IIa) zugeordnet werden und müssen damit ab Mai von einer Benannten Stelle zertifiziert sein, um eine Marktzulassung zu erhalten. Von rund 60 dieser europaweit Benannten Stellen wurden nach heutigem Stand allerdings gerade einmal fünf nach MDR rezertifiziert, drei davon in Deutschland. Angesichts dieser Zahlen ist es offensichtlich, dass die Kapazitäten zur Beurteilung existierender und neuer Produkte mittelfristig bei Weitem nicht ausreichen. Um Versorgungsengpässe zu vermeiden, ist eine Verlängerung des Übergangszeitraums, in dem nach dem alten Verfahren zertifizierte Produkte weiterverwendet werden dürfen, unumgänglich. Eine entsprechende Entscheidung kann jedoch nur auf EU-Ebene getroffen werden, weshalb sich die Bundesregierung in Brüssel weiterhin für eine Lösung einsetzen muss.

Ungeachtet des ungelösten Grundproblems enthält der vor wenigen Wochen vorgelegte Entwurf des Medizinprodukte-Anpassungsgesetzes (MPAnpG-EU) für Softwarehersteller relevante Aspekte. Am interessantesten ist wohl § 55(5)2, der das BMG ermächtigen soll, eine Rechtsverordnung mit „Anforderungen an die ordnungsgemäße Installation, das Betreiben und das Anwenden von Medizinprodukte-Software […]“ zu erlassen. Das ist ein richtiger und wichtiger Schritt, um die speziellen Gegebenheiten im Softwarebereich zu berücksichtigen. Um den genannten Besonderheiten ausreichend Rechnung zu tragen, sollte das Ministerium bei der Ausarbeitung der Verordnung jedoch unbedingt die Expertise der Industrie miteinbeziehen. Zudem muss sich das Dokument an europäischen, z.B. im Rahmen der Medical Device Coordination Group (MDCG) erzielten, Arbeitsergebnissen orientieren, um abweichende Regelungen und damit einhergehende Rechtsunsicherheit zu vermeiden.

Dieser Text erschien zuerst in der Ausgabe 06|2019 der E-HEALTH-COM.

Stellungnahme des bvitg zum MPAnpG-EU

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