Eine SNOMED-CT-Lizenz ist nur der erste Schritt

28.04.2020
Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Gesundheitspolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, im Gespräch mit Chris Berger, bvitg-Referent Politik.
Sie sind im Gesundheitsausschuss eine der großen Befürworterinnen von Interoperabilität. Ihre Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat in der Vergangenheit häufiger kleine Anfragen zu der Thematik an die Bundesregierung gerichtet. Zudem forderten Sie Anfang Juni in einem offenen Brief Frau Ministerin Karliczek und Herrn Minister Spahn dazu auf, eine Mitgliedschaft für Deutschland bei der SNOMED International abzuschließen. Was versprechen Sie sich nun von der SNOMED-CT-Lizenz?

Ich habe mich sehr gefreut, als ich die entsprechende Regelung im Entwurf des PDSG gelesen habe. Natürlich hätte ich mir das früher gewünscht, aber es ist schön, dass auch unser Engagement da etwas bewirkt hat.

SNOMED ist eine gemeinsame Sprache für das Gesundheitswesen, davon können alle Nutzerinnen und Nutzer profitieren. Sei es durch leichteres Monitoring und Früherkennung, verbesserte Forschungsmöglichkeiten oder eine intuitivere Dokumentation. Zudem können digitale Anwendungen, die sich in anderen Ländern als sinnvoll erwiesen haben, leichter auf den deutschen Markt kommen. Wichtig finde ich außerdem, dass wir uns mit SNOMED endlich stärker einklinken in internationale Diskussionen und wir auch die Fortentwicklung dieses Klassifikationssystems mit Blick auf die Bedürfnisse unseres Gesundheitswesens besser beeinflussen können.

Empfinden Sie die im PDSG festgehaltenen Regelungen zu Interoperabilität/ SNOMED CT als ausreichend?

Nein, die Lizenz selbst ist für mich nur der erste Schritt, denn sie schafft nur die Voraussetzung für eine deutschlandweite und einrichtungsübergreifende Nutzung. Wir müssen uns jetzt darum kümmern, dass SNOMED auch wirklich genutzt wird, zum Beispiel für die Darstellung der Daten in der ePA. Zusätzlich müssen wir dafür sorgen, dass sich Deutschland an der Weiterentwicklung von SNOMED und anderen wichtigen Standards auf internationaler Ebene beteiligt, denn Interoperabilität ist keine Einbahnstraße. Bislang lastet diese wichtige Aufgabe in Deutschland allein auf den Schultern von drei, vier Leuten. Da erwarte ich, dass sich die Bundesregierung personell und finanziell stärker einbringt.

Wenn Sie sich in Bezug auf die Digitalisierung im Gesundheitswesen etwas wünschen dürften, was wäre das?

Ein wichtiges Anliegen von mir ist, dass die Patientinnen und Patienten stärker Mitgestalter der Digitalisierung werden. Was dabei herauskommt, wenn man die Wünsche der Versicherten nicht einbezieht, sieht man doch beim Berechtigungsmanagement für die ePA…

Was ich außerdem schon lange für absolut erforderlich halte, ist eine Strategie für die Digitalisierung Dabei geht’s nicht um Planwirtschaft, sondern darum, sich konkrete Ziele zu setzen und diese dann Stück für Stück abzuarbeiten. Das führt zu gemeinsamen Prioritäten und mehr Transparenz für alle Akteure und stellt den konkreten Nutzen stärker in den Vordergrund. Die internationalen Erfahrungen zeigen ganz klar, dass Länder mit einer Strategie deutlich weiter sind als solche, die das nicht haben. Ich verstehe jedenfalls nicht, warum sich Spahn so gegen eine Strategie stemmt. In diesem Jahr sind weitere gesetzgeberische Vorhaben zur Digitalisierung im Krankenhausbereich zu erwarten. Welche Maßnahmen müssen aus Ihrer Sicht ergriffen werden, um die klinische Versorgung zum Wohle der Patientinnen und Patienten digitaler zu gestalten? Wir brauchen dringend einen Digitalpakt von Bund und Ländern, um die nötigen IT-Investitionen von Krankenhäusern zu ermöglichen. Moderne IT-Systeme können die Abläufe vereinfachen, bspw. indem Dokumentation erleichtert wird. Außerdem sind sie nötig, um ein hohes Sicherheitsniveau der Daten zu garantieren. Das ist wichtig für das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in die Digitalisierung. Die Förderung sollte aber nicht mit der Gießkanne erfolgen, sondern einen klaren Nutzen bringen und mit Blick auf Krankenhausstruktur und -planung nachhaltig sein.

Dieser Text erschien zuerst in der Ausgabe 02|2020 der E-HEALTH-COM.