Klarstellung zur Verschiebung der Heilmittelrichtline

09.09.2020
Pressemitteilungen
  • Am 03. September beschloss der G-BA die Verschiebung des Termines für das Inkrafttreten der neuen Heilmittelrichtlinie.
  • Die Software-Industrie für die Verzögerung verantwortlich zu machen, entspricht nicht den Tatsachen: Unvollständige Spezifikationen erschweren eine fristgerechte, ergonomische Umsetzung.

Die neue Heilmittelrichtlinie sollte zum 01. Oktober 2020 in Kraft treten, um die Verordnung von Maßnahmen wie Physio- oder Ergotherapie gemäß gesetzlichen Vorgaben neu zu gestalten. Laut Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 03. September 2020 wurde dieser Stichtag nun auf den 01. Januar 2021 verschoben. Als Begründung gaben G-BA und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) an, dass die Software-Industrie nicht dazu in der Lage gewesen wäre, den Praxen die benötigte Software rechtzeitig bereitzustellen.

Mangelnde Unterstützung und Spezifikationsänderungen während der Umsetzungsfrist

„Es ist leider nicht das erste Mal, dass die KBV die Software-Industrie als Sündenbock für die eigenen Versäumnisse heranzieht“, kommentiert Sebastian Zilch, Geschäftsführer des bvitg. „Die Vorgaben der KBV waren an vielen Stellen uneindeutig, was für die Hersteller zusätzliche individuelle Abstimmungen nötig machte, um fehlerfrei umsetzen zu können. Erschwerend kam hinzu, dass diese, obwohl schon im Januar veröffentlicht, noch immer als vorläufig gekennzeichnet sind. Sie können also jederzeit geändert werden, was zuletzt Mitte August und damit kurz vor dem geplanten Start auch geschehen ist. All dies führte zu einem erheblichen zeitlichen Mehraufwand auf Industrieseite; faktisch kann damit nicht von einer realen achtmonatigen Umsetzungsphase geredet werden.“

Entgegen der anders lautenden Darstellung der KBV und des G-BA gab es kaum Lösungsangebote für das von der Industrie mehrfach geschilderte Problem vorläufiger und unklarer Spezifikationen. So ging die KBV nicht auf die Bitten der Industrie nach verbindlichen schriftlichen Antworten oder einer FAQ-Liste für die Spezifikationsumsetzung ein.

Der bvitg bemängelt darüber hinaus, dass bis heute wichtige Steuerdateien in der Spezifikation fehlen. Dies verhindere, dass neu in der Richtlinie eingeführte Regelungen wie die Blankoverordnung, von den IT-Herstellern in ihren Lösungen umgesetzt werden können. Hierbei hielt die KBV mehrere ihrer selbst benannten Bereitstellungsfristen nicht ein.

Koordinierungsinstanz für Standardisierungsprozesse

„Erneut gehen Versäumnisse der KBV auf der technischen Ebene zulasten des Alltags der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Vertrauen in die Digitalisierung wird so aufs Spiel gesetzt. Technische Vorgaben dürfen nicht mehr der Willkür und politischer Eigeninteressen einzelner Akteure der Selbstverwaltung unterliegen. Deshalb brauchen wir endlich eine neutrale, koordinierende Instanz, die technische Vorgaben auf Grundlage etablierter Prozesse der Standardisierung macht“, fasst Zilch zusammen.