FHIR: Neuer Stern am Standards-Himmel

27.04.2017
Interoperabilität

Wie Feuer, nur anders: FHIR wird genauso ausgesprochen wie das englische „fire“, meint aber etwas völlig anderes. Das Akronym steht für Fast Healthcare Interoperability Resources, ein von der Organisation HL7 erarbeiteter Standard, der erstmals im Februar 2014 veröffentlicht und seither kontinuierlich weiterentwickelt wurde.

FHIR soll nicht den in der Gesundheits-IT ubiquitär eingesetzten HL7-Standard verdrängen, sondern ihn dort ergänzen, wo die Komplexität von HL7 Schwierigkeiten bereitet. Ein für FHIR gut geeigneter Einsatzbereich sei beispielsweise die Anbindung mobiler Applikationen an klassische Gesundheits-IT-Anwendungen, betonte der Standardisierungsexperte Dr. Frank Oemig von HL7 Deutschland. Andere Einsatzbereiche seien die einrichtungsübergreifende Kommunikation und Netzwerkbildung sowie der Aufbau von Patientenservices aller Art. Auch einige krankenhausinterne Services ließen sich mit FHIR gut abbilden.

Dass sich die Startup-Szene mit dem neuen Standard wohlfühle, betonte Stoyan Halkaliev vom NursIT Institute – einem Unternehmen, das eine mobile Pflegedokumentation anbietet: „Ich habe selten einen Standard gesehen, der so verständlich dokumentiert ist.“ Andreas Hempel von den Helios-Kliniken schloss sich dem an: „Die Komplexität im Backend können und wollen wir nicht abschaffen. Aber wir wollen kooperierenden Start-ups digitale Informationen zur Verfügung stellen, und dafür brauchen wir eine einfache Schnittstelle für die Programmierung, damit die Start-ups nicht zehn Jahre brauchen.“

Thomas Pettinger von Thieme Compliance lobte nicht nur die relative Einfachheit des FHIR-Standards, der auf aktuellen Webstandards basiert, sondern auch die Einsatzbreite: Bei einer elektronischen Patientenaufklärung, wie sie Thieme Compliance anbietet, gehe es nicht nur um den mit HL7 gut umsetzbaren Austausch von Dokumenten, sondern zunehmend auch um die Arbeit mit den erfassten Daten. Hier habe FHIR klare Vorteile.

Die sieht auch Dr. Bettina Lieske von SAP so. Der Walldorfer Konzern evaluiert FHIR in drei Bereichen: Zum einen soll der Standard genutzt werden, um das neue klinische IT-System des Unternehmens an die Abrechnungssoftware zu koppeln. Zum anderen wird ein Einsatz im Rahmen einer klinischen Studienplattform und erneut bei mobilen Applikationen vorangetrieben. Vorteile von FHIR sieht Lieske nicht zuletzt für junge Entwickler, die dank FHIR auch dann schnell mit Implementierungen vorankämen, wenn sie keine Erfahrungen im Healthcare-Umfeld haben.

Entwickelt wurde FHIR ursprünglich in den USA. Dort hat sich mittlerweile eine lebhafte Community entwickelt, an der sich viele große Player im Markt beteiligen. Auch deutsche Unternehmen sollten sich aktiver mit FHIR auseinandersetzen, empfahl Oemig. Er kündigte an, dass der bvitg in Kürze einen ersten FHIR-Connectathon für Mitgliedsunternehmen aufsetzen werde. Ein weiterer Connectathon zu einem späteren Zeitpunkt werde dann auch für Start-ups und andere Unternehmen offen sein, die nicht im Verband sind.